Nach dem Bau der ersten Catboote in den USA ab ca. 1850 hatte es nicht lange gedauert bis sich die Kunde
dieses damals noch neuen Bootstyps bis nach Europa verbreitete. Das Una-Boot, ein offenes Catboot von 9,15m Länge und der Bootsbauer Bob Fish
spielten dabei eine bestimmte Rolle. Das Una-Boat wurde im Original aus den USA nach England gebracht und wurde dort für eine Zeit lang als Sportboot recht beliebt. Anders aber als im
Ursprungsland den USA, wurden die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Europa gebauten Catboote weniger als Nutzfahrzeuge, wie Fischerboote, Transportfahrzeuge etc. eingesetzt. Die Erklärung
dafür ist recht einfach, einerseits hatten die hierzulande ansässigen Fischer ihre seit langer Zeit regionalen Bootstypen in Gebrauch, z. B. die nordischen Doppelender im Ostseebereich und die
diversen Plattboden- Bootstypen von Tjotter, Boeier, etc. in Friesland. Und des weiteren kamen die Catboote nach Europa genau zur Zeit der industriellen Revolution und des sich damit rasch
verbreitenden Maschinenantriebs. Das klassische amerikanische Catboot wurde nicht einfach kopiert und nach Europa übertragen. Es war im wesentlichen das Rigg, welches die Konstrukteure wohl am
meisten inspirierte. Die in der Zeit vorherrschenden Slup- und Kuttertakelungen waren insbesondere in engen Gewässern recht aufwändig zu bedienen. Ohne die Hilfe von Winschen und Schotklemmen
mussten sie nach jeder Wende händisch dicht geholt und auf Klampen belegt werden. Hinzu kommt, dass die Vorsegel damals noch eher der Vergrößerung der Segelfläche dienten und natürlich ein
deutlich imposanteres Erscheinungsbild des Bootes abgaben. Das komplexe Wissen um die Aerodynamik der Segel, über welches wir heutzutage verfügen, um z.B. mit dem Vorsegel auch eine bessere
Anströmung des Großsegels zu erreichen, war damals noch nicht vorhanden und die Vorsegel wurden in dem Sinne noch nicht konstruiert oder verwendet. Es verwundert daher nicht, dass die frühen
Catboote den slupgetakelten Booten nicht nur im Handling überlegen waren, sie ermöglichten zu jener Zeit sogar bessere am-Wind Winkel. Ein Vorteil, der insbesondere in engen Binnengewässern zum
Tragen kam. Nach Recherchen in den alten Ausgaben der Zeitschriften "Die Yacht", "Ahoi" und "Wassersport" habe ich die gefundenen Berichte zu den Konstruktionen der namhaften frühen
Bootskonstrukteure und Bootsbauer zu den Catbooten, die mit Kajüte gebaut wurden in nachstehendem Beitrag zusammengefasst und erläutert. Die zeichnerischen Darstellungen stammen aus den alten
Artikeln der Zeitschrift Yacht, die auch im öffentlich zugänglichen Yachtsportarchiv sowie im geschützten Bereich dieser Seite zu finden sind.
Verwendung der Catboote in Deutschland und die wesentlichen Unterschiede zu amerikanischen Catbooten
Die in Deutschland gezeichneten und gebauten Catboote wurden von vornherein als Freizeitboote verwendet und kaum als Fischerboote oder Transportfahrzeuge. Es gab
die offenen Catboote, die als Regattajollen verwendet wurden, und die Catboote mit Kajüte, die eher als kürzere und einfacher zu bedienende Ergänzung zu den Jollenkreuzern als "Wanderboote"
eingesetzt wurden und preiswerte Freizeitboote sein sollten. Von den Konstruktionen aus den USA wurden dabei, anders als dies einige Jahrzehnte später -1970- mit der "Seezunge" der Fall
war, kaum charakteristische Elemente des amerikanischen Catbootes übernommen. Es war weniger ein Versuch diesen Bootstyp für Europa zu kopieren. Die frühen Catboote der deutschen Konstrukteure,
sie wurden als "Catkreuzer" bezeichnet, waren recht eigenständige Bootskonstruktionen, die mit einem Cat-Rigg ausgestattet waren. Meistens handelte es sich dabei um Kielboote statt um
Schwertboote und die Breite der Boote entsprach nicht dem extremen Längen- Breiten-Verhältnis von 2:1, wie es die amerikanischen Catboote aufwiesen. Diese schmaler konstruierten Boote mussten um
die notwendige Stabilität zu erreichen mit ausreichend Ballast versehen werden. Viele der hiesigen Catboote wurden somit eher als Kielboote und weniger häufig als Schwertboote
gebaut.
Auch die, für die amerikanischen Catboote so charakteristischen "Scheunentorruder" waren bei den in Deutschland gebauten Catkreuzern nicht anzutreffen. Die
großflächigen, und wie der Name "Barndoorrudder" (Barn =engl. Scheune) sagt, an ein Scheunentor erinnernde Ruder waren eine Folge der Forderung guter Tauglichkeit der Boote für flache Gewässer.
Amerikanische Catboote liessen sich mit den stabilen und robusten Scheunentorrudern mit hochgezogenem Schwert problemlos trocken fallen oder auf die Strände ziehen. Diese flach konstruierten
Ruder mussten eine bestimmte Fläche aufweisen, um ihre Ruderwirkung zu erreichen. Diese Fläche wurde nicht über die vertikale Ausdehnung nach unten sondern über die Horizontale erreicht und die
Ruder wurden somit stark nach hinten gestreckt. Dass diese relativ flach konstruierten Ruder bei Wellengang auch zum Austauchen neigten wurde dabei in Kauf genommen. Diese Notwendigkeit nach
besonders geringem Tiefang gab es in der Form in Deutschland, und speziell in den Berliner Gewässern und anderen Binnenrevieren nicht, sodass hier die Catboote mit tiefergehenden Ruderblättern,
die eher eine tropfenform aufwiesen gezeichnet wurden. Und die Niederländer nutzten für ihre flachen Binnenreviere Seitenschwerter, eine gut bewährte Konstruktion. Dennoch gab es auch in den
Niederlanden einige Werften, welche ebenfalls Kielboote mit Cat-Rigg bauten. Einige davon werden von den Mitgliedern des Catbootclub NL liebevoll erhalten.
Die Catboote der deutschen Konstrukteure entstanden einerseits aus den zu der Zeit auftauchenden Jollenkreuzern -jollenähnliche Schwertboote mit Sluptakelung und Kajüte- die auch mit Cat-Rigg
gebaut wurden. Beispiele sind hierzu die Konstruktionen eines 5,47m langen Cat-Jollenkreuzers von Heinz Docter sowie der catgetakelte Sharpie-Jollenkreuzer von
Fritz Fischer. Daneben entstanden aber auch die Catkreuzer, die als reine Kielboote gezeichnet wurden. Sie verfügten nicht über den, bei den schmaleren
Konstruktionen als besonders störend empfundenen Schwertkasten in der Kajüte. Ein weiterer Unterschied zu den amerikanischen Konstruktionen war die Position des Mastes: Der Mast wurde nicht ganz
nach vorne gestellt, wie bei den Original Catbooten. Er wurde etwas weiter nach hinten versetzt, und zwar eben soweit, wo das Vorschiff breit genug ist, und die Ansatzpunkte der Püttinge für
Wanten und Vorstag ausreichende Spreizwinkel zur Mastabstützung ermöglichten. Die so erreichte Enlastung der Bugspitze wirkte sich zudem positiv auf das Verhalten der Boote in der Welle aus.
Diese Art der Wanderboote mit Cat-Rigg wurden in kleinen, damals recht zahlreichen Werftbetrieben hergestellt. Es gibt leider nur wenige erhaltene Fotos mit den damals gebauten Catbooten, sie
sind daher von besonderem Wert. Weitere gute Informationsquellen bieten die alten Verkaufsanzeigen und die Bootsregister diverser Segelclubs. Soweit dies bekannt ist, sind bisher nur 3 Exemplare
der Catbootkreuzer erhalten. Konkrete Konstruktionszeichnungen und erhaltene Bootsexemplare sind erhalten von: Abeking & Rasmussen (kleiner Catkreuzer),
Heidtmann (erhaltenes Catboot Catalina), Artur Tiller (Konstruktionszeichnungen der Catboote "Teufelchen", "Svane" und "6m-Catkreuzer"),
Friedrich Popp (Catkreuzer Gerda), Adolf Harms (Cat-Schwertkreuzer) und Harry Wustrau (Kurz und
gut).
Die alten Entwürfe
Jollenkreuzer mit Cat-Rigg
Als Beispiele für Jollenkreuzer, die mit Cattakelung ausgerüstet wurden sind zwei Entwürfe zu finden. Der vom "Schiffsbauingeniör" Heinz Docter gezeichnete 5,47m lange Jollenkreuzer wurde sowohl mit Rundspant gezeichnet sowie als Knickspanter. Zu diesem Typ erhielt Herr Docter zahlreiche Anfragen. Das Boot wurde unter seiner Leitung auf der Warnemünder Werft "Wereha" (= Werft-, Reederei- und Handelsbetriebe) hergestellt. Das Boot wurde 1923 noch einmal überarbeitet und dann mit Gaffelsegel getakelt, da diese Takelung einen kürzeren und damit leichteren Mast ermöglichte, ein Vorteil beim Mastlegen.
1927 wurde der 6m Jollenkreuzer von Fritz Fischer vorgestellt. Es ist nicht bekannt, ob dieser Typ auch gebaut wurde. Beide Entwürfe wurden mit fast bis an den Mast reichenden Kajüten versehen, ein weiteres Merkmal beider Typen sind die weit vorn angeordneten Mittelschwerter.
Die Catkreuzer
Die beiden kleinsten Entwürfe wurden als Schwertboote konstruiert. Da ist zunächst der 4,20m kurze Entwurf "Kurz-und-Gut" von
Harry Wustrau, ein Schwertboot mit Steckschwert. Bei Grundberührung konnte das Schwert nach hinten wegklappen. Das Schwert wurde dabei in der Weise angeordnet, dass der Schwertkasten zur einen Hälfte ins Cockpit ragt und zur anderen Hälfte in die Kajüte. Bei einem Tiefgang ohne/mit Schwert von 0,66m / 1,25m wäre es fast notwendig zum
kompletten Aufholen des Schwertes die Luke zu öffnen. Zum Schliessen der Kajüte wäre es notwendig das Schwert entweder ganz herauszunehmen oder aber gefiert zu lassen. Die Kabinenhöhe des
Böötchens war mit 1,10m nurmehr für kleinere Segler noch zum aufrechten Sitzen geeignet. Stauraum war unter den Sitzbänken in Cockpit und Kajüte sowie in der kleinen Vorpiek vorhanden. Es ist
nicht überliefert, ob ein Exemplar dieses Typs auch gebaut wurde.
Der zweitkleinste Entwurf ist der Cat-Schwertkreuzer von Adolf Harms aus dem Jahr 1919. Mit 4,45m und einer Breite von immerhin schon 2,20m ist dieser Entwurf bereits deutlich größer als der von Wustrau. Interessanterweise wurde das Schwert bei diesem Entwurf sehr weit vorne installiert, der Schwertkasten beginnt bereits kurz hinter dem Mast. Dadurch konnte erreicht werden, dass der Kajütbereich an der breitesten Stelle frei von einem störenden Schwertkasten blieb. Recht innovativ ging Harms schon mit der Führung der Fallen um, die unter Deck geführt wurden und am Schwertkasten belegt wurden.
Das Boot wurde auf der Werft bei Berkholz & Gärsch in Friedrichshagen am Müggelsee gebaut.
Von Abeking & Rasmussen wurde 1914 der von Henry Rasmussen gezeichnete kleine Catkreuzer vorgestellt. Mit einer Gesamtlänge von 4,50m
hat Henry Rasmussen eine ganze Menge Boot auf kurzer Länge untergebracht. Der als reiner Langkieler konstruierte Catkreuzer verfügt über jede Menge Platz und ausreichend lange
Kojen. Typisch für die A & R Konstruktionen; alle Beschläge wurden individuell von A&R angefertigt, von den Püttingen
über den Patentreffbeschlag bis zur massiven, aus Messing hergestellten Lüftungsrosette am Schott, um nur einige wenige zu nennen.
Laut der A&R Baunummernliste wurden von diesem Bootstyp zwischen 1914 und 1922 insgesamt 8 Exemplare gebaut. Das Boot mit der Baunummer 401 wurde für den Bremer Hans Frese gebaut und trug den Namen "Sonderling". Im Baunummernbuch zu der Zeit noch als "Tourenkreuzer" bezeichnet. Die Baunummer 696 folgte 1916 für einen Herrn Angerich aus Lichtenfelde. Der Name dieses Bootes wurde ebenfalls mit "Angerich" angegeben. 1921 wurden rationellerweise dann gleich 3 Stck. dieses Typs mit den Baunummern 1258-1260 aufgelegt. Leider sind keine weiteren Informationen zu Auftraggeber oder Bootsnamen überliefert.
Eine weitere Serie von 3 Stck. erfolgte ein Jahr später 1922 mit den Baunummern 1499-1501. Zwei dieser zuletzt gebauten Boote wurden für Auftraggeber in Dänemark gefertigt und ein weiteres ging nach England. Erfreulicherweise sind zwei dieser Boote, es sind die Baunummern 1499 (Novatus von Theo Nieuwenhuizen) und 1501 (Krümel von Rasmus Braun) heute noch erhalten. Sie nehmen regelmässig an diversen Bootstreffen teil und die Boote erlangten auch mit einem Artikel in Yacht Classic Heft 1/2017 einen größeren Bekanntheitsgrad. Mit einer Segelfläche von 17m² halten die hübschen Boote im Feld der moderneren Catboote allerdings sehr gut mit.
Von Friedrich Popp stammt der nebenstehende Entwurf des mit 5m Länge bei nur 1,80m Breite relativ schmal gezeichneten Catkreuzers "Gerda". Das Boot ist als reiner Langkieler gezeichnet mit einem am Plattgatt angehängtem Ruder und 18,5 m² Segelfläche. Der Entwurf wurde für verschiedene Takelungen gezeichnet, neben der Cat-Takelung wurde auch eine Version als Slup gezeichnet. Popp arbeitete mit mehreren Werften zusammen, welche eine Lizenz zum Bau seiner Boote hatten, es waren dies die weiter im Osten gelegenen Ostsee-Werften: Ostsee Yachtbau G.m.b.H. Werft im früheren Groß-Möllen (heute polnisch: Mielno), Haffwerft G.m.b.H im früheren Groß-Ziegenort (heute polnisch: Trzbiez) am Stettiner Haff sowie der Boots-und Yachtwerft Dipl.-Ing. Friedrich Bedezies im früheren Stettin (heute polnisch: Szczecin). Die Bauzeit wurde mit 6 Wochen angegeben. Der Bau war als Klinkerbau in Eiche vorgesehen. Es ist leider nicht überliefert, ob der Riss auch gebaut wurde.
Der bekannte Schiffbau-Ingenier aus Berlin-Charlottenburg Artur Tiller, hatte eine Vielzahl Schiffs- und Bootsentwürfe gezeichnet. Darunter befinden sich auch mehrere Catboote. Drei davon wurden als Catkreuzer mit Kajüte konstruiert, es sind dies die Typen "Teufelchen" (1924), die "Svane" (1929) und der "6m-Catkreuzer (1930). Allen Entwürfen ist die Handschrift Tillers anzusehen, sie verfügen über den charakteristisch gestalteten Flossenkiel, der ein leichteres Drehen des Bootes ermöglichte und die benetzte Fläche verringerte. Am Kiel wurde mittels eines "Eisenschuhes" aus Gusseisen der notwendige Ballast eingefügt. Allein das Catboot "Teufelchen" wurde mit Gaffelsegel ausgerüstet, die späteren Entwürfe wurden auschliesslich mit Hochsegel versehen, eine Riggart, in der Tiller offenbar eine weitere Vereinfachung der Bedienung sah.
Das Catboot Teufelchen wurde 1924 ausführlich in einem Artikel der "Yacht" vorgestellt. Es wurde für den bekannten Düsseldorfer
Marinemaler Walter Hemming auf der Werft der Gebrüder Engelbrecht in Köpenick ganz aus Mahagoni gefertigt. Das Boot mit den Abmessungen 5m Länge, Breite von 2,11m und mit 0,68m Tiefgang wurde mit
einem Gaffelsegel von 20m² versehen.
Die einige Jahre später gezeichnete "Svane" ist bei gleicher Länge wie das "Teufelchen" mit 1,95m etwas
schmaler und weist eine Hochtakelung mit 18m² auf.
Von diesem Boot wurde auf der Bootswerft Müller in Kladow, Berlin-Spandau eine kleinere Serie aufgelegt.
Der Auftrag zur Konstruktion für den um einen Meter längeren "6m-Catkreuzer" erhielt Tiller aus der Schweiz. Bei einer Breite von 2,13m und einem Tiefgang von nur 0,69m wurde dieses Boot ebenfalls mit einem Hochrigg getakelt und einer Segelfläche von 25m². Das Boot wurde gebaut auf der Yachtwerft Grimm im schweizerischen Ort Gottlieben.
Den Schluß dieser Zusammenstellung bildet das erhaltene Catboot der renommierten Hamburger Werft Heidtmann mit der Baunummer 5379. Das Boot ist bei
einer Länge von 6,00m 2,60m breit und wiegt ca. 2t. Obwohl bei Heidtmann bereits recht früh Catboote gezeichnet und gebaut wurden, scheinen keine Zeichnungen überliefert zu sein. Mit dem vor
kurzem auf dieser Seite vorgestellten und im Fotoalbum präsentierten Catboot Catalina ist zum Glück aber noch ein originales Exemplar erhalten, von welchem um 1930 wohl 5 Stück gebaut
wurden. Diese Konstruktion ist ein echter Kielschwerter und ähnelt am ehesten der eines amerikanischen Catbootes.